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Im Auge der Sonne
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Inspiration und Initiation

Unter den Rahmenbedingungen einer kurzlebiger und gedrängter agierenden globalen Gesellschaft erscheint es immer schwieriger, sich abseits von wirtschaftlichen Regelmechanismen längerfristigen Entwicklungsprozessen zu stellen, deren Dauer am Beginn nicht unbedingt absehbar ist; vor allem während eines Prozesses, wenn das Feedback noch in keinem Ausmaß zu stehen scheint zur Energie, die man hineinlegt. So erscheint es an dieser Stelle sinnvoll, die Zusammenhänge der Projektentwicklung ein wenig genauer zu erläutern.

Niemand wird gezwungen ein solches Werk zu beginnen und niemand wagt zu sagen, es werde ein Erfolg werden, auch wenn im gegebenen Fall viele von Beginn an Eingeweihte dieser Überzeugung waren. Die Idee war plötzlich da und ebenso der Drang dazu dieser Vision eine reale Form zu geben, stärker sogar als alles, was dagegen sprach. Aber bevor ich auf die Entwicklungsprozesse näher eingehen möchte, eine Antwort auf eine nicht unlogische Frage: Warum schreibe ich dies alles hier nieder und vor allem warum spreche ich in diesem Zusammenhang von Dingen, die mit dem unmittelbarem Sinn eines Berichts nichts zu tun haben? Vor allen Dingen aus dem einem Grund, weil nichts unabhängig von anderem ist und weil es weitestgehend in Vergessenheit gerät, was es heißt Dinge in ihrem ganzen Zusammenhang zu betrachten. Aber auch deshalb, weil ich hier einen Versuch starte, die vielen Gedanken, die einen kreativen Prozess begleiten, in Worte zu fassen, vielleicht, weil ich es leid bin das Gefühl zu haben, die Grenzen der Kommunikation zu erreichen mit Konzepten und Projektanträgen, die man an Erfordernisse anpassen sollte, die allesamt nur wenig damit zu tun haben, was während eines kreativen Prozesses vorgeht. Ich kann und will hier nur für mich sprechen, möchte aber darauf hinweisen, wie viele menschen zu diesem werk beigetragen haben - wunderbare menschen, die mit ihrem Glauben daran mich dazu gebracht haben, dass ich mich für dieses Ergebnis als Initiator nennen darf.

Ich habe mich nicht für die kreative Arbeit entschieden um bereits in den Ansätzen an die Grenzen dessen zu stoßen, was die Freiheit des Lebens bedeuten kann, daher erscheint es sinnvoll, diesen Gedanken Worte zu schenken und sie niederzuschreiben.

„Etwas in mir schrie BEFREIE MICH! und ich begann mir eine Haut nach der anderen abzuziehen, sie auf einem Rahmen zu nageln und mit einem Stück Geschichte zu bemalen“, sind die einleitenden Worte meines in Arbeit befindlichen interdisziplinären Buches, eine Zusammenfassung jener Gedanken, die mich durch diese Arbeit begleiteten und vieles mehr. Das ist es, was ich erlebte, als ich begann mich so auszudrücken, wie nur mein eigenes Leben sich auszudrücken imstande ist.

Der Weg dieses künstlerischen Werks ist vielfältig und mag nach gegebenen marktwirtschaftlichen Kriterien, denen mittlerweile besonders auch der Kunstmarkt Folge leistet, aussichtslos erscheinen, aber nur so bin ich in der Lage einen kompromisslosen Weg zu gehen und die Kunst in jene Richtung zu entwickeln, die sie verdient: eine umfassende, hinterfragende, mutige und nicht ausschließlich Verstandesdominierte Ausdrucksweise, die anders als das übrige Tagwerk von vielen von uns Menschen von einer Überzeugung geprägt ist, die einer Kraft entströmt, die Zeitlosigkeit nicht als Ziel sondern als Begleiterscheinung hat.

Unter den gegebenen Voraussetzungen ist es nicht gerade einfach ein Werk zu kreieren, das sich zwischen Bewegungen und Strömungen positionieren will, die mehr oder minder oberflächlich zeitgeistig sind, Pop, Esoterik, Kurzzeit-Rentabilität und Unbewusstheit, ganz zu schweigen vom Glauben an den Mangel, von der allgegenwärtigen Angst und dem Spiel damit und schlussendlich dem daraus folgenden Streben nach Macht, um die eigene Mittelmäßigkeit zu vergessen, die ihresgleichen viel mehr Folge von Angst und Komplexen ist, als natürliches Manko, welches ohnehin nicht existiert.

Bleibt die Frage: wovor haben wir hier - in unseren Breiten in dieser wunderbaren Zeit - wirklich Angst; wenn es uns besser geht, als je zuvor, wenn es alles im Überfluss gibt und kaum eine reale Gefahr noch unser Leben bedroht. Vielleicht ist es jene Bedrohung, die wir selbst beschwören, indem wir die Kommunikation verweigern mit jenen Menschen, die weniger haben als wir, mit jenen Massen, die wir draußen halten wollen vor den Toren der Königsgemächer, in denen wir sitzen.

Die ursprüngliche Idee zu Im Auge der Sonne geht zurück auf eine Verkettung von mehreren Ereignissen. Dementsprechend entstand auch ein dynamisches Prozessorientiertes Kunstwerk.

Als ich im Ende 1994 meine erste Reise nach Lateinamerika antrat, führte mich diese nach Mittelamerika. Zu dieser Zeit waren im Grenzgebiet zwischen Mexiko und Guatemala die Regierungstruppen aufgefahren, um aufständische Indianer zu bekämpfen, beiderseits der Grenze war eine Stimmung spürbar, die zwischen purer Verteidigung und erstarkendem Selbstbewusstsein der indigenen Bevölkerung schwankte. Nach einem Monat in Mexiko setzte ich meinen Weg im Jänner 1995 nach Guatemala fort, die geschichtlichen Hintergründe des dortigen Menschenrechtsverletzenden Regimes sind bekannt und sollen an dieser Stelle nicht weiter erläutert werden.

Zu dieser Zeit wusste ich noch nicht, dass ich mich in den kommenden Jahren künstlerisch engagieren würde. Der Entschluss mit dem Motorrad nach Südamerika zu reisen, kam auf, bald darauf zog ich mir beim dahingehenden Training einen mehrfachen Beinbruch zu, ein Bruch auch in meinem Leben, Metall auf meinen Knochen, Nägel und Schrauben im körperlichen Gerüst - der Beginn der künstlerischen Arbeit - eine der Initialzündungen meines Lebens.

Der ursprüngliche Plan Ecuador zu bereisen stammt aus einer Begegnung mit einem ecuadorianischen „Indianer“ nach meiner Rückkehr im Jahre 1995. Erst im September 2001 wurde meine Reise nach Ecuador Wirklichkeit. In den Anden traf ich in den Slums der Großstadt Quito auf die wohl gastfreundlichsten und offensten Menschen, die mir bis dato begegnet waren. Ihre Herzlichkeit beschämte mich und ließ in mir ein Gefühl der Ohnmacht zurück, angesichts der allgegenwärtigen Armut. Die Auswirkungen der Globalisierung, zurückreichend bis in die Zeit der spanischen Eroberer, waren hier offensichtlich. Das Nebeneinander von politischer Korruption und dem unglaublichen Überlebenskampf, den diese Menschen zu führen hatten, die Zerstörung der letzten Urwaldreste, vor Ort ein massiver Eindruck.

Bereits vor und in Ecuador, aber insbesondere nach meiner Rückkehr nach Österreich begann ich mit der Überarbeitung meiner ursprünglichen Version „Kurze Filme über das Leben“. Etliche Künstlerkollegen und organisatorische MitarbeiterInnen bestärkten mich in der Entscheidung die Realisation des so entstandenen Skripts zu beginnen. Mittlerweile sind seit dem Aufenthalt in Südamerika beinahe drei Jahre vergangen. Zeit Bilanz zu ziehen über die Resultate.

Die Dauer der Vorbereitungen, die sich in die Länge ziehende Umsetzung ließen mich mehr als einmal zweifeln am Gelingen des Unterfangens. Das Wissen als Individuum einen Unterschied zu machen, indem man daran glaubt, einen Beitrag leisten zu können, hat mich durch diese Zeiten getragen.

Letztendlich ist das vorliegende Werk trotz allem nur ein Anfang. Seine Kraft kann es nur entwickeln durch die Verbreitung einer Erkenntnis. Wir sind gleich Im Auge der Sonne! Nehmen wir die Verantwortung dafür wahr, unseren Beitrag wieder ins Gleichgewicht zu bringen und stärken wir unser Bewusstsein für die Kreisläufe in denen wir leben, mit den Menschen, mit der Natur, mit uns selbst, mit dem Gefüge!

Wir leben alle unter derselben Sonne, manche indianischen Völker glaubten, dass die Sonne in jedem Menschen steckt, egal ob arm oder reich, egal welchen Geschlechts, welcher Farbe, Herkunft, Charakter, ja sogar egal ob böse oder gut. In diesem Sinne stand es dafür, dieses Werk zu kreieren und es steht ganz besonders dafür weiter zu machen!

Vision und Reflexion [Zweifel, Respekt & Dank]

Es begann mit einer Idee, die angesichts einer Inspiration klare Züge annahm, wurde zu einer Vision eines umfassenden künstlerischen Ausdrucks und schließlich real in seiner konkreten Form eines meditativen dreijährigen Prozesses. Das Ergebnis sind unzählige visuelle Eindrücke, als Ausdruck von Gedanken, Abdrücke energetischer Vorgänge, eine gemeinsam geschaffene visuelle Bildskulptur.

Wenn ich als Initiator dieses Werks-Prozesses heute nach beinahe drei Jahren die Lage zu analysieren suche, gehen mir vielschichtige, durchaus teils auch weniger erfreuliche Gedanken durch den Kopf. Dass diese zweifelhafte Position nichts mit dem Werk an sich zu tun hat, liegt auf der Hand – für mich und alle, die damit zu tun hatten.

Sowohl ich selbst aber auch die konstant wachsende Anzahl von Menschen, die sich dem Mitwirken oder Fördern dieser künstlerischen Arbeit widmet, steht - und das freut mich ganz besonders - fest hinter dem Erleben dieses Prozesses. Die Crux war und ist vielleicht am ehesten in dem Umstand zu suchen, dass ein derartiges Unterfangen durchaus hohe organisatorische Anforderungen stellt, die klar auf zeitliche und finanzielle Anforderungen hinauslaufen. Für ein filmisches Werk dieser Größe durchaus finanziell unterdotiert, für ein experimentelles Kunstprojekt technisch zu anspruchsvoll, fand ich mich mehrmals in einer Lage wider, die meine eigene Position als Initiator und Hauptverantwortlicher mitunter in Frage stellte.

Wissend, dass die eigenen Ansprüche an die Umsetzung groß waren, aber auch wissend, dass die eigene Verantwortung gegenüber den vielen mitwirkenden Menschen zu tragen war, folgten mitunter auch sehr unangenehme Phasen: Bürokratische Hürden einerseits, terminliche Abrechnungsfristen andererseits und dazwischen die Notwendigkeit die Beitragenden zu motivieren, auch in Zeiten, wo das Vorankommen nicht unbedingt zügig möglich war. In einem Arbeitsklima, das sich durch seine Freiwilligkeit auszeichnet, wirkt solcher Druck mitunter ncch mehr störend. Wir alle, die wir uns aus Enthusiasmus und Freude an de Umsetzung machten, fanden uns hie und da in einer Position wieder, die genau jene Lage widerspiegelte, der wir mit unserem Schaffen entgegenwirken wollen. Einer nicht auf Freude sondern Produktivität ausgerichteten Lebewelt.

Die von Kunstschaffenden zunehmend verlangte Professionalität hinsichtlich der eigenen Schaffung organisatorischer Rahmenbedingungen, um so mehr die Eingliederung mittels Termini wie Creative Industries stehen kreativem Schaffen entgegen und erschweren die Umsetzung ambitionierter Visionen. Sie sind der Ausdruck eines sinkenden kulturellen Bewusstseins einer Gesellschaft, einer Angleichung, der Entwicklung einer Monokultur. Werke wie dieses werden wohl nie den sogenannten Creative Industries angehören und es kann auch keineswegs unser Ziel sein uns dorthin zu entwickeln. Als Staement unsere Lebens können wir es aber bereits jetzt bezeichnen.

Conclusio und Respekt

Der gemeinsame Wunsch und das Streben zur Realisierung legten die Rahmenbedingungen klar fest. Für diesen Glauben und auch die daraus resultierende Ausdauer in der Umsetzung, ja bis hin zu nicht unerheblichen finanziellen Aufwendungen, gebührt allen Beteiligten mein uneingeschränkter Respekt!

Von ganzem Herzen möchte ich daher auch an dieser Stelle des essentiellen Kräften meinen Dank aussprechen [in alphabetischer Reihenfolge]:

  • Walter Ackerl
  • Georg Brandenburg alias Gina
  • Walter Brantner alias Dr. Nachtstrom
  • Carlos Escobar Pukara
  • Roman Fasching
  • Eva Gütlinger
  • Doris Langer
  • Lorenzo Maza Tandazo
  • Elmar Ranegger
  • Hermann Redlingshofer
  • Martin Schemitsch
  • Thomas Siegl
  • Luis Viracocha Quishpe

und dem ganzen Kollektiv von

  • The Syndicate - intercultural network for transforming arts

Herzlicher Dank gebührt auch allen Fördergebern, Institutionen und Sponsoren für das Vertrauen. Ich bedaure die Zeitverzögerung in der Fertigstellung.

Nicht zuletzt gebührt all jenen Menschen Dank, die im Laufe des Projekts involviert waren, einem ganzen Team von Menschen, die ihre Zeit und Aufmerksamkeit einbrachten, sich aus allen möglichen Ecken der Welt dafür interessierten, der Vision Beachtung und damit Raum schenkten und uns alle stärkten wo weit zu gehen.

All jenen, zumeist in mehr oder minder namhaften lokalen Institutionen sitzenden, die dem Werk und dem ganzen Prozess weniger offen gegenüber standen, ist ebenfalls zu danken - Paul Coelho hat dafür die besten Worte gefunden.

Danke ... ich danke allen!

Ich danke allen, die meine Träume belächelt haben;
Sie haben meine Phantasie beflügelt.
Ich danke allen, die mich in ihr Schema pressen wollten;
Sie haben mich den Wert der Freiheit gelehrt.

Ich danke allen, die mich belogen haben;
Sie haben mir die Kraft der Wahrheit gezeigt.
Ich danke allen, die nicht an mich geglaubt haben;
Sie haben mir zugemutet, Berge zu versetzen.
Ich danke allen, die mich abgeschrieben haben;
Sie haben meinen Mut geweckt.

Ich danke allen, die mich verlassen haben;
Sie haben mir Raum gegeben für Neues.
Ich danke allen, die mich verraten und missbraucht haben;
Sie haben mich wachsam werden lassen.
Ich danke allen, die mich verletzt haben;
Sie haben mich gelehrt, im Schmerz zu wachsen.
Ich danke allen, die meinen Frieden gestört haben;
Sie haben mich stark gemacht, dafür einzutreten.

Vor allem aber danke ich all jenen,
die mich lieben, so wie ich bin;
Sie geben mir die Kraft zum Leben!

Danke.

[Paulo Coelho]

Gewidmet :

Dem Leben per se, insbesondere jenem der leider vielen noch immer unfreien indigenen Völker und ihrem Wissen!

Das "Rad der Zeit" wurde stellvertretend für viele engagierte Gruppen der Arbeit der "SOL - Solidarität mit Lateinamerika" gewidmet. Die Organisation unterstützt mit ihrer Arbeit den Prozess der Stärkung indigener Bevölkerungsgruppen in Lateinamerika.

Zur weiteren künstlerischen Entwicklung

Es entstand ein für mich - auch nach dieser langen intensiven Auseinandersetzung durchaus mit Freude betrachtetes Opus, das seine Fühler erst langsam in die Welt ausstreckt.

Als bei Antragsstellung die erste fertige Variante vorliegend war, dachte ich nicht wirklich daran, dass es noch zu einer Erweiterung des künstlerischen Konzepts kommen sollte. Im Laufe der Arbeit stellte sich jedoch heraus, dass die Form und Umsetzung des Konzepts ein weiterreichendes Potential hatte, vielleicht etwas, das sich am besten als Prozessorientiertes Gesamtkunstwerk bezeichnen lässt.

War ursprünglich ein filmisches Werk mit Einbindung von performativen Elementen geplant, so stellt es heute bereits mehr dar. Die Breite der einbezogenen Medien und Techniken lieferte vielfältiges Material, das unterschiedlichsten Sparten zuzurechnen ist.

Eine Weiterentwicklung ist durchaus bereits angedacht, sie will aber vernünftig geplant sein, mit besseren finanziellen Rahmenbedingungen für einen derart komplexen Prozess. Im Laufe der kommenden Jahre sollen von diesem filmischen Werk unabhängige, aber damit in engem Zusammenhang stehende Folgeprojekte etabliert werden. Was davon konkret umgesetzt werden kann, wird die Zukunft weisen.

Klaus Schrefler, 2004

 

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